Denn eigentlich sollte der Turm schon zum dritten Advent 2016 fertig werden. Aber die Sanierung gestaltete sich als kompliziert. „Es gibt in ganz Deutschland nur fünf Gerüstbaufirmen, die in der Lage waren, das Projekt auszuführen“, erklärt Möller die erste Verzögerung. Und dann wurden plötzlich die Steinmetze knapp, wie zu DDR-Zeiten saugte mal wieder Berlin die besten Handwerker ab. Der Neubau des dortigen Stadtschlosses führte dazu, dass hier in Dresden nur drei statt der geplanten acht Handwerker an den Fugen und Sandsteinen arbeiteten.
Baukosten: 1,7 Millionen Euro
Im Ergebnis ist die Sanierung auch erheblich teurer geworden. Wurde anfangs noch mit einer Million Euro geplant, belaufen sich die Baukosten nun auf 1,7 Millionen Euro. Ein großer Teil davon wird von Bund und Land und der Landeskirche bezuschusst.
Auf das Ergebnis schaut der Pfarrer aber stolz: „Turmfalke und Mauersegler sind schon wieder da, der Aufgang wurde gesichert und die verwitterten Fugen ausgebessert.“ Außerdem wird künftig die Turmuhr wieder schlagen. Künftig ein bisschen öfter. „Es wird wieder einen Viertelstundenschlag geben, aber nur zwischen 7 und 22 Uhr“, verrät er. Am meisten freut er sich aber, dass die Gläubigen nun wieder durch die Vordertür zu den Gottesdiensten kommen können.

Kann jeden Tag aus seinem Fenster auf den Baufortschritt an der Kirch gucken: Pfarrer Eckehard Möller
Die Arbeiten im Detail
- Ausbesserung beschädigter Fugen, fehlende oder zerstörte Sandsteinbauteile wurden neu angefertigt, Fehlstellen repariert
- das Geläut wurde saniert, ein neues Joch für die große Glocke gefertigt und der Geläutantrieb auf Linearantrieb umgestellt (Magnetfeld)
- Glockenebene und Fenster bekamen Stahlnetze als Vogel- und Steinwurfschutz
- Holzböden in Haupt- und Nebentürmen sowie Dach unterm Glockenstuhl saniert
- Verblechungen am Kirchturm, Stehfalzdeckung aus Kupfer für das Dach unter dem Glockenstuhl angebracht
- Blitzschutz- und Elektroarbeiten in den Kirchtürmen
- Turmuhr saniert und Viertelstundenschlag wieder eingerichtet
- Bleiglasfenster aufgearbeitet
- Tischlerarbeiten und Malerarbeiten
- Innenausbau der Notenbibliothek
Die ersten Arbeiten rund um den Turm begannen bereits im Herbst 2015: Zuerst wurden die Rankpflanzen abgeschnitten, dann flogen Drohnen um den Kirchturm, um Fotos zu liefern, auf deren Grundlage genaue Aufmaßpläne des Kirchturmes bis in den letzten Winkel hinein erstellt werden konnten. Von April bis Juli 2016 entstand rund um den Turm ein 80 Meter hohes Gerüst.
5.000 Quadratmeter Gerüst
Damit konnten an bereits eingerüsteten Teilen Voruntersuchungen und Natursteinarbeiten stattfinden. Das Gerüst beinhaltete über 5.000 Quadratmeter Fassadengerüst, ca. einen Kilometer (!) Stahl- Gitterträger und über 60 Tonnen Profilstahlträger. Ein Lastaufzug mit einer Nutzlast von 1,5 Tonnen fuhr bis in 44 Meter Höhe und ein kleinerer Aufzug mit 300 Kilogramm Tragfähigkeit weiter bis in die Höhe von 70 Meter. (Video der Turmfahrt)
Im Juli 2016 fanden Arbeiter eine verlötete Zeitkapsel in der Kirchturmspitze. Diese wurde am 8. August feierlich geöffnet. Darin fanden sich Dokumente zum Bau der Martin-Luther-Kirche aus dem Jahr 1886. Im Zusammenhang mit der aktuellen Kirchturmsanierung wurde im September eine neue Zeitkapsel unter der Turmhaube eingebracht: Sie enthält einen Münzsatz von 2016, einen Gemeindebrief sowie aktuelle Bauunterlagen.



Sanierung der Notenbibliothek
Parallel zur Kirchturmsanierung außen wurde von Juli bis September 2016 die Notenbibliothek im 1. Obergeschoss des Hauptturms saniert. Hier wurden der Dielenboden aufgearbeitet, die Wände neu gestrichen und die gesamte Notenbibliothek neu möbliert.
Wiedereinweihung am 19. Mai, 20 Uhr
Das Kirchspiel Dresden-Neustadt lädt am Freitag zum Konzert und zur Turmbesichtigung. Unter dem Motto „500 Jahre Reformation“ erklingt Johann Sebastian Bachs Kantate „Ein feste Burg ist unser Gott“ und Felix Mendelssohn Bartholdys Reformationsymphonie. Ausführende sind Barbara Christina Steude (Sopran), Cornelia Butz (Alt), Michael Schaffrath (Tenor), Clemens Heidrich (Bass), die Kantorei Dresden-Neustadt und ein Projekt-Jugendchor sowie Sinfonietta Dresden.
Von 18.30 Uhr bis 23 Uhr wird der Turm geöffnet sein. Es gibt ein Imbissangebot vor der Kirche, die Besichtigung der Notenbibliothek ist ab 21.30 Uhr möglich.
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