In letzter Zeit wird wieder viel über Müll geredet. Zum Beispiel über ein EU-weites Trinkhalmverbot oder eine Plastiksteuer. Aber es ist nicht nur Plaste in unserem Müll. Haufenweise werden Lebensmittel weggeschmissen.
Nach einer Studie des WWF (PDF) werden in Deutschland rund 18 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeworfen oder gleich auf dem Feld liegen gelassen. 18 Millionen Tonnen – „Na und, dass kann doch alles in die Biogasanlage“, wäre eine mögliche Schlussfolgerung.
Hört man jedoch, dass davon in etwa die Hälfte (10 Millionen Tonnen) noch genießbar gewesen wären, bleibt einem kurz die Luft weg. Und dann reden wir noch von Bedürftigkeit? Nicht ohne Grund gründete der Verein „Berliner Frauen“ im Jahr 1993 die erste deutsche Tafel. Heute gibt es mehr als 930 Tafeln in ganz Deutschland.
Der Lebensmittelüberschuss wird damit jedoch kaum in Grenzen gehalten, denn selbst dort wird genießbare Nahrung weggeschmissen. So können sogar Studenten ihr Essen bei der Dresdner Tafel abholen. Bis zu einem Nettoeinkommen von 1.200 Euro kann jeder etwas bekommen.
Die Dresdner Schneiderin Stefanie Nünchert hat sich den Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung auf die Fahne geschrieben. Ihre Idee: Ein Restaurant namens „Zur Tonne“ – dort sollen die überschüssigen Lebensmittel der Dresdner Tafel verkocht und als kostenloses Abendmenü angeboten werden.
„Es soll komplett auf Spenden basieren und ist für jeden offen“, sagt Stefanie. Am Anfang will sie mobil sein und zu den Schließzeiten verschiedener Restaurants ihr Dinner-Menü anbieten. „Ich verfolge mit meinem Projekt zwei Ziele: Ich will die Lebensmittelverschwendung stoppen und Menschen unterschiedlicher sozialer Milieus in einen Dialog bringen. Außerdem möchte ich jedem ein gesundes Abendessen bieten“, sagt sie. Erfahrungen sammelte sie bereits bei der Treberhilfe, dort kocht sie einmal in der Woche für bedürftige Menschen. Mut geben ihr die Projekte „Restlos glücklich“ in Berlin und das Restaurant „Robin Hood“ in Madrid, die ein ähnliches Konzept verfolgen.
Aber wie soll das Ganze eigentlich finanziert werden?
Stefanie nahm ein halbes Jahr an der Zukunftswerkstatt Dresden teil. Mit mehreren Workshops half die Stadt Dresden Bürgern bei der Realisierung ihrer Ideen. 24 Projekte schafften es nun in die engere Auswahl. Ein Teil dieser Ideen soll bereits in diesem Jahr mit der Arbeit beginnen können.
Wer finanziert wird, entscheiden die Bürger. Im Internet können alle Dresdner bis diesen Sonntag abstimmen, welche Projekte finanziert werden (www.99funken.de). Stefanie liegt momentan mit ihrem Tonnen-Restaurant sogar ganz vorne. Auf Platz zwei befindet sich aktuell das Projekt „Selbstversorgung“, das vom bekennenden Reichsbürger Robert Kühn organisiert wurde (Siehe Bericht von sz-online.de).
Sollte Stefanie gewinnen, will sie im Herbst 2018 ihr erstes Dinner-Menü ausprobieren. Davor muss sie noch angemessene Orte und einen Koch finden. Sie ist optimistisch und schmiedet schon weitere Pläne. „Sollte es gut laufen, will ich mir in einem Jahr einen festen Standort suchen – am liebsten außerhalb der Neustadt“, sagt die Dresdnerin.
In ein paar Jahren soll es dann vormittags Kochkurse für Schulen und Kindergärten geben. Am Schönsten wäre es für sie, wenn es solche Projekte bald nicht mehr brauchen würde: „Wenn es ein Grundeinkommen gibt und wir besser mit Lebensmitteln umgehen.“
Und warum sollte man gerade für sie abstimmen? „Weil du Lebensmittel achtest und Essen liebst. Weil du ab sofort satt und zufrieden sein wirst nach einem Besuch in dem Restaurant ‚Zur Tonne'“, sagt Stefanie lächelnd.
Und was kannst du tun?
- Erstmal bis zum Sonntag, 20. Mai, abstimmen: www.99funken.de
- Die Dresdner Tafel sucht immer Ehrenamtliche, die bei der Ausgabe mithelfen. Jeden Donnerstag gibt es eine Einführung: www.dresdner-tafel.de
- Lebensmittel direkt vom Unternehmen abholen und verteilen: www.foodsharing.de
- Lebensmittelverschwendung in der Gastronomie per App stoppen: www.toogoodtogo.de
- Mehr als fünf Tonnen Lebensmittel (nach WWF) landen jährlich im Hausmüll der Endverbraucher, wie sich das ändern lässt steht hier, leider nur auf englisch: www.stopwastingfoodmovement.org
- Ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung gibt es schon, in Frankreich: www.zeit.de
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